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Wie man in Amerika eine Kirche findet

10000 Menschen wandern Jahr für Jahr von Deutschland in die USA aus. Neben Job und Wohnort, gilt es dort dann auch eine geistliche Heimat zu finden. Für Katholiken und Methodisten ist das verhältnismäßig einfach: die Kirche heißt genauso und sieht auch spontan sehr vertraut aus: willkommen Zuhause! Unüberschaubarer ist das Ganze für diejenigen, die sich in Deutschland als “evangelisch” verstehen.

Warum überhaupt eine Kirche finden?

Vereinsleben wie in Deutschland gibt es in den USA so nicht. Institutionen, in denen man neben Arbeit und Schule Anschluss finden kann, sind rar. Gerade als Migrant ist es  aber wichtig, eine Gemeinschaft zu finden. Einerseits ist Familie oft mehrere Zeitzonen entfernt. Andererseits sind es Freundschaften, die die Integration und damit das Ankommen erleichtern. Wer Kinder hat, sollte besonderen Wert auf kirchliche Anbindung legen. In den USA gibt es in staatlichen Schulen keinen Religionsunterricht. Daher sind Kinder auf  die Kirche angewiesen, um sie zu informieren. Gutmeinende Eltern mögen versucht sein, ihre “Kinder selbst entscheiden zu lassen.” Das funktioniert aber nur wenn die Kinder auch die notwendigen Informationen und Fertigkeiten lernen, die man für eine erfolgreiche Entscheidungsfindung braucht. Ohne eine gut religiöse Grundausbildung, ist es sehr schwer, plakative und attraktive Angebote kritisch zu hinterfragen. Wohlgefühl ist auf dem religiösen Marktplatz der USA kein guter Berater.

Non-denominational Kirchen, die nicht einer  historisch-verwurzelten euroamerikanischen Denominationen angehören, mögen spannend und anregend aussehen. Aber es gilt zu erwägen, was hinter der tollen Bühnenshow steckt. Bei non-denominational Kirchen ist Vorsicht geboten. Es lohnt sich immer auf der Website unter “beliefs” oder “statement of faith” nach zugucken. Europäer werden schockiert sein, wie da teilweise mit der Bibel umgegangen wird. Hier die häufigsten Inkompatibilitäten:

  • Inerrancy: Die Bibel wird wortwörtlich genommen, als hätte der Heilige Geist sie jemandem persönlich diktiert. Von daher entwickelt sich dann eine rigide Morallehre.
  • Nur männliche Pfarrer: Gemäß dem biblizistischen Grundsatz “das Weib schweige in der Gemeinde”, dürfen nur Männer Pfarrer sein. Frauen haben sich unterzuordnen.
  • Ehe nur zwischen Mann und Frau: Das ist ein politisch-ideologisches Statement, das für  eine konservative Zielgruppe gedacht ist.
  • “Love the sinner hate the sin.” LGBTQ Menschen sollen ihre Liebe nicht öffentlich leben: Das ist ein politisch-ideologisches Statement, das für  eine konservative Zielgruppe gedacht ist.

In Deutschland ist evangelisches Leben in Landeskirchen organisiert. Jede Region hat ihre eigene Geschichte und geistliche Prägung. In den USA sind diese Geschichten und Prägungen nicht nach Örtlichkeiten sortiert, sondern nach Denominationen. Die Bevölkerung hat sich in Amerika mehr bewegt und jeweils ihre religiöse Bewegung mit an einen neuen Ort gebracht. Ganz grob gesprochen entsprechen die folgenden US Denominationen der evangelischen Erfahrung in den deutschen Regionen.

Kartenbild von
https://www.reformiert-info.de/95-20-57-6.html

Die lila-farbenen Regionen sind lutherisch geprägt. In den USA entspricht die Evangelical Lutheran Church am ehesten dieser deutschen Kirchenkultur.

Die dunkelblauen Regionen sind uniert geprägt. In den USA entspricht die United Church of Christ am ehesten dieser deutschen Kirchenkultur.

Die hellblauen Regionen sind reformiert  geprägt. In den USA entspricht die Presbyterian Church U.S.A. am ehesten dieser deutschen Kirchenkultur.

ELCA, UCC, und PCUSA sind Gütesiegel, die eine weltoffene Kirchenerfahrung ermöglichen. Wer sich außerhalb dessen bewegt sollte folgende Faustregel beherzigen: je hipper der Gottesdienst desto konservativer die Einstellungen. 


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